Dank der innovativen AutoCart™-Methode können große Knorpeldefekte in nur einer einzigen Operation behandelt werden. Univ.-Prof. Dr. Stefan Marlovits vom Knorpelzentrum Wien war unter den ersten Knorpelspezialisten, die mithilfe dieser Technik Knorpelschäden operiert haben. Heute setzen immer mehr Fachärzte auf dieses einzeitige Verfahren. In einer neuen Beitragsserie wollen wir daher umfassend über die AutoCart™-Methode berichten. Zum Start stellen wir Ihnen heute Prinzip und Funktionsweise von AutoCart™ umfassend vor.

Herausforderungen der Knorpelbehandlung

Die Behandlung von Knorpelschäden, insbesondere traumatischen Knorpelschädigungen stellte lange Zeit eine chirurgische und biologische Herausforderung dar. Dies ist hauptsächlich dadurch bedingt, dass der Knorpel selbst keine Blutgefäße aufweist und damit Regeneration und Reparaturprozesse nicht oder nur sehr eingeschränkt vorhanden sind. Daher muss die Medizin bei Knorpeldefekten im Gegensatz zu anderen Verletzungen in jedem Fall eingreifen, um eine vollständige Wiederherstellung von Gelenkfunktionen sicherzustellen.

Zelltransplantation in der Knorpelchirurgie

Durch die Entwicklung der autologen Knorpelzelltransplantation in den Jahren 1990 bis 2000 gelang es, das biologische Prinzip der Zelltransplantation in die Knorpelchirurgie einzuführen. Dieses biologische Prinzip war in den darauffolgenden Jahrzehnten sehr erfolgreich und führte zu einem Paradigmenwechsel in der modernen Knorpelchirurgie. Die autologe Knorpelzelltransplantation war dabei ein mehrstufiger Prozess: Zunächst wurde im Rahmen einer Arthroskopie (Kniegelenksspiegelung) ein kleines Knorpelstück (hyaliner Knorpel) gewonnen, darauf folgend wurden im Prozess der Zellkultivierung die Knorpelzellen vermehrt, welche in einem letzten Schritt in einer neuerlichen Operation in den Defekt eingebracht wurden. Die logistischen und technischen Herausforderungen für diese Methode sind sehr hoch. Denn einerseits sind 2 Operationen erforderlich und andererseits bedarf es eines Speziallabors (GMP zertifiziert). Die ersten Transplantationen im Knorpelzentrum Wien wurden im Jahr 2001 durchgeführt. Bis zum heutigen Tag konnten wir eine große Zahl an Patientinnen und Patienten erfolgreich mit dieser Technik behandeln.

Die Suche nach Alternativen

Zwei große Ursachen führten dann zu Veränderungen in diesem Bereich der Knorpeltherapie. Zum einen kam es zu Abänderungen der Zulassungsbedingungen, wodurch die Knorpelzelltransplantation als sogenanntes ATMP (Arzneimittel für neuartige Therapien) klassifiziert wurde. Zum anderen veranlassten die hohen Produktionskosten dieser Methode die Fachärzte dazu, sich auf die Suche nach Alternativen zur erfolgreichen biologischen Regeneration von Knorpelgewebe zu machen. Dabei stellte sich die einzeitige Knorpeltransplantation in der Technik von „Minced Cartilage“ als erfolgreich heraus.

Entwicklung von AutoCart™

Im Rahmen der Minced Cartilage-Technik wurde der während der Arthroskopie gewonnene hyaline Knorpel bereits am Operationstisch zerkleinert („minced“) und dann in den Defekt transplantiert. Durch eine Verbesserung der minimalinvasiven Technik der Arthroskopie und der Entwicklung eigens dafür konstruierter Instrumente, konnte die einzeitige biologische Knorpeltransplantation etabliert werden. Diese wurde als AACR – All autologous Cartilage Repair oder AutoCart™ bezeichnet.

Prinzip von AutoCart™

Das Prinzip dieser innovativen Methode war nach wie vor eine biologische Knorpelzelltransplantation. Der große Vorteil dieser operativen Technik liegt aber darin, dass nur mehr eine Operation (einzeitig) erforderlich ist, und sämtliche Schritte zur Knorpelpräparation direkt im Operationssaal am OP-Tisch durchgeführt werden können. Dadurch werden bei der AutoCart™-Methode nicht nur Zeit und damit auch Ressourcen gespart. Sie ist darüber hinaus durch den einmaligen Eingriff auch schonender für die Patientinnen und Patienten.

AutoCart™ Funktionsweise

Im Rahmen einer Kniegelenksspiegelung (Arthroskopie) werden Knorpelteile gewonnen und in einem Filter gesammelt. Diese Knorpelteile stammen einerseits von dem Knorpeldefekt und andererseits aus Arealen des Kniegelenkes, die mechanisch minder oder gar nicht belastet sind. Direkt am Operationstisch werden die Knorpelstücke zerkleinert und mit autologen – also körpereigenen – Fibrin und Blutserum vermischt. So entsteht eine Knorpelpaste, die anschließend in den Defekt eingebracht wird. Dank dieser Weiterentwicklung ist keine aufwändige Zellkultivierung mehr erforderlich, und auch die Manipulation der Zellen durch die Zellkultur fällt weg.

Die gewonnenen Knorpelzellen werden ganz frisch in den Defekt transplantiert, haften am darunterliegenden Knochen fest und beginnen unmittelbar nach der Transplantation mit der Produktion von extrazellulären Matrixbestandteilen (hauptsächlich Kollagen Typ II und Proteoglycan).

Kombination mit Knochenmarkstimulation

Die Transplantation im Rahmen der AutoCart™-Methode kann auch mit einer Knochenmarkstimulation verbunden werden, sodass hier die differenzierten Stammzellen mit differenzierten Knorpelzellen zusammentreffen. Damit machen wir uns das Lehrer-und-Schüler-Prinzip zunutze. Denn die Knorpelzellen übernehmen dabei die Funktion des Lehrers, der im übertragenen Sinn die noch unausgereiften jungen Stammzellen als Schüler zu Knorpelzellen heranerzieht.

Video zur AutoCart™ Funktionsweise

Im untenstehenden Video des Medizinunternehmens Arthrex werden die einzelnen Schritte der AutoCart™-Methode anschaulich dargestellt.